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Tsunami Südostasien: 20 Jahre danach

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Die Katastrophe

Es war eine der tödlichsten Naturkatastrophen der Geschichte: Am 26. Dezember 2004 löste ein außergewöhnlich starkes Seebeben vor Indonesien einen verheerenden Tsunami aus.

In dieser Multimedia-Reportage sehen Sie, wie Aktion Deutschland Hilft in den betroffenen Ländern geholfen hat. Und Sie erfahren, wie Expert:innen aus unserem Bündnis auf die vergangenen zwei Jahrzehnte blicken.
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Bis zu 9,1 auf der Richterskala – so heftig bebte die Erde vor der Küste Indonesiens. Das Epizentrum, also der Ursprungsort des Seebebens, lag 150 Kilometer vor der Insel Sumatra.

Ein gewaltiger Tsunami bildete sich und traf mit zehn Meter hohen Wellen auf die Küsten Indonesiens und benachbarter Länder.
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Ein Dutzend Länder waren betroffen. Stündlich stiegen die Opferzahlen. Geschätzt 250.000 Kinder, Frauen und Männer starben bei der Naturkatastrophe. Darunter waren zahlreiche Tourist:innen.

Schätzungsweise drei Millionen Menschen verloren ihr Zuhause. Die tatsächliche Zahl der Vermissten konnte nie geklärt werden.
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Falsche Einschätzungen, ausbleibende Warnungen, keine Schutzräume – die Menschen in den Küstenregionen hatten kaum Zeit und Möglichkeiten, sich in Sicherheit zu bringen.

Frühwarnsysteme, wie sie heute existieren, gab es damals nicht. Sie wurden als Reaktion auf die Katastrophe weiterentwickelt.
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Auf den Tsunami folgte weltweite Solidarität mit den betroffenen Menschen.

Auch Aktion Deutschland Hilft war unmittelbar nach dem Tsunami in vielen betroffenen Gebieten aktiv. Insgesamt 127 Millionen Euro Spenden sammelte unser Bündnis nach der Tsunami-Katastrophe.
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Die Hilfe

In der ersten Zeit leisteten die Bündnisorganisationen vor Ort humanitäre Nothilfe. In den folgenden Monaten und Jahren unterstützten sie zusammen mit lokalen Partnern den Wiederaufbau und etablierten Vorsorgemaßnahmen.

Allein in Indonesien realisierten die Bündnisorganisationen 92 Hilfsprojekte, mehr als die Hälfte davon in der Katastrophenvorsorge.
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Wolfgang Tyderle ist heute Senior Advisor bei unserer Bündnisorganisation CARE. Nach dem Tsunami war er in Indonesien im Einsatz.

"Damals nutzte ich noch den Videotext im Fernsehen, darüber habe ich die Ereignisse verfolgt. Erst war die Rede von einem Seebeben, doch nach und nach wurde das ganze Ausmaß deutlich und ich dachte mir: Oh, das hört sich nicht gut an.

Bis heute spricht man von einer Jahrhundertkatastrophe. So viele Länder, so viele Menschen, so viele Tourist:innen aus Deutschland waren betroffen. Auch deswegen wurde das Interesse der Menschen sehr schnell sehr groß. Und es war ein bildstarkes Ereignis in den Medien weltweit.

Die großen Hilfsorganisationen in Deutschland haben damals zu Luft, Wasser und aufwendig über Straßen Hilfsgüter und Bergetrupps in die Katastrophenregionen geschickt, zum Beispiel nach Indonesien und Sri Lanka. Die Nothilfe lief in den Ländern sehr unterschiedlich ab. Der Zugang zu Banda Aceh beispielsweise, einer indonesischen Stadt, die durch den Tsunami komplett zerstört wurde, war kaum möglich. In Sri Lanka hingegen herrschte Bürgerkrieg, wodurch viele NGOs vor Ort waren und wir in Deutschland schnell Überblick über die Lage und Hilfsbedarfe in den betroffenen Gebieten bekamen.

In Deutschland wurden viele Privatleute aktiv, gründeten eigene Initiativen, Suchaktionen für Angehörige und Hilfsaktionen für Betroffene. Diese spontanen, unkoordinierten Aktionen sorgten ehrlich gesagt für viel Chaos – noch jahrelang standen Container mit Hilfsgütern im Hafen von Colombo. Der Zoll hatte die Lieferungen nicht akzeptiert, es fehlten Papiere. (...) "
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" (...) Die Spendenbereitschaft in der deutschen Bevölkerung war riesig und für Hilfsorganisationen wie CARE stand schnell fest, dass Hilfe nicht nur in der ersten Phase der Not, sondern auch in der Phase des Wiederaufbaus notwendig sein wird. Dabei haben wir eng mit den Behörden vor Ort zusammengearbeitet.

Die Hilfsorganisationen haben aus der Tsunamikatastrophe viel gelernt. Es gab in den Jahren danach viele Evaluierungen, deren Ergebnisse mittlerweile in Strategien verankert sind und maßgeblich zur Professionalisierung beigetragen haben. Katastrophenvorsorge gab es – zum Beispiel in Form von Frühwarnsystemen und Schutzbauten – auch schon vor 2004. Sie hat sich seitdem jedoch weiterentwickelt, allein aufgrund der technischen Möglichkeiten. Die Länder, die damals von der Katastrophe betroffen waren, sind heute unterschiedlich stark aufgestellt.

Indonesien hat, als eines der für Katastrophen anfälligsten Ländern überhaupt, inzwischen einen hervorragend vorbereiteten Katastrophenschutz. Auch in anderen Teilen der Welt wurden viele Erkenntnisse für die Katastrophenvorsorge und -vorbereitung aus diesem Tsunami-Ereignis gewonnen.

Ich glaube, würde sich heute erneut so eine Katastrophe ereignen, dass die Hilfe schneller und effektiver bei den Menschen ankommt. Auch die Schäden an der Infrastruktur könnten geringer ausfallen. Denn in vielen Projekten wurde darauf geachtet, beim Wiederaufbau die Erdbebensicherheit von Gebäuden deutlich zu erhöhen, insbesondere in Indonesien. Hunderttausende Menschen innerhalb kürzester Zeit zu evakuieren, bliebe sicherlich weiterhin eine große Herausforderung. Gleichzeit sind Menschen seit der Tsunamikatastrophe 2004 weltweit für die Gefahr eines Tsunamis viel mehr sensibilisiert."
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Nicole Bergmann war nach der Katastrophe erst für die Bündnisorganisation Help – Hilfe zur Selbsthilfe in Indonesien, später für AWO International in Indien tätig. Nicole Bergmann arbeitet heute selbstständig als Organisationberaterin und Coach in der humanitären Hilfe.

"Etwa sechs Wochen nach der Katastrophe reiste ich das erste Mal nach Indonesien. Zu Beginn bestand vor allem großer Bedarf in der Koordinierung der Hilfsmaßnahmen und im Austausch von relevanten Informationen. Hilfe wurde überall gebraucht. Mein Einsatzort war ein kleines Dorf.

Als ich ankam, war dort kein einziges Haus mehr, kein Stein stand auf dem anderen. Tatsächlich fragte ich mich, ob dort jemals ein Dorf gewesen war, sah dann aber die Überreste und Fundamente der Häuser. Die Dorfgemeinschaft war in spärlichen Notunterkünften untergebracht.

Mit einem Team aus lokalen Bauingenieur:innen unterstützten wir beim Wiederaufbau von Wohnhäusern und Schulen. Es ging aber auch um einkommensschaffende Maßnahmen für die Bevölkerung. Wir arbeiteten dafür eng mit den betroffenen Menschen, Dorfvorsitzenden und lokalen Akteuren wie Regierungsorganisationen zusammen.

Es wurde sehr deutlich, dass zuallererst die betroffene Bevölkerung vor Ort ist und Hilfe leistet. Für uns als internationale Hilfsorganisationen muss der erste Schritt daher immer sein, die Menschen zu fragen, wie und ob wir unterstützen können.
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Andrea Bindel ist Beraterin für globale Nothilfe und WASH bei arche noVa. Nach der Tsunamikatastrophe hat sie mit lokalen Partner:innen die Hilfsmaßnahmen in Sri Lanka aufgebaut.

"Wir haben damals direkt mit dem Wiederaufbau von Brunnen angefangen. Wir waren ein Team von Expert:innen aus Deutschland und haben mit der Bevölkerung zusammen die Brunnen gereinigt. Nach dem Tsunami waren sie voller Schutt, verendeten Tieren und Palmen-Resten.

Bei der Reparatur der Brunnen haben wir mit einem lokalen Ingenieur zusammengebarbeitet, der eine spezielle Methode für Rohre entwickelt hatte. Der Hintergrund: Wenn man Brunnen ganz viel Wasser auf einmal entnimmt, dann läuft man Gefahr, dass diese Brunnen mit der Zeit versalzen. Und wenn der Brunnen erstmal versalzen ist, dann kann es Jahre dauern, bis er wieder genutzt werden kann.

Dank der neuen Methode wurde dem vorgebeugt, außerdem war sie günstig. Wir haben 1.000 neue Brunnen damit ausgestattet. Das hat die Situation der Menschen sehr verbessert.

Später haben wir mit dem Bau von Latrinen begonnen. Und wir fingen an, uns in der Bildungsarbeit zu engagieren, Frauen mit Mikrokrediten auszustatten und Landwirt:innen zu unterstützen. Unser Ziel war, den Menschen Stabilität zu geben, damit sie sich bald wieder selbst versorgen können."
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Mathias Anderson, Stellvertretender Geschäftsführer und Leitung Internationale Programme bei arche noVa.

"Die Tsunamikatastrophe war, so komisch das klingen mag, ein bedeutender Schritt für die humanitäre Hilfe. Dadurch hat sich vieles von dem entwickelt, was die Koordination zwischen humanitären Akteuren heute auszeichnet.

Konkret heißt das: Früher gab es einen gewissen Interessenskonflikt, es gab häufig Konkurrenzdenken. Nach dem Tsunami sind Cluster entstanden: Bereiche wie Ernährung, Wasser-, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH), Gesundheit, Kinderschutz und Bildung. Diese Aufteilung ist auch heute sehr wichtig für unsere Arbeit.

Kurz gesagt, funktioniert das so: Alle im Krisengebiet tätigen Organisationen legen offen auf den Tisch, welche Hilfsgüter und weiteren Ressourcen sie haben. Und es werden die wichtigen Fragen geklärt: Welche Information über die Lage vor Ort sind bekannt? Was benötigen die Menschen? Welche Schwierigkeiten gibt es? Gibt es lokale Partnerorganisationen oder andere Akteure, die man einbeziehen sollte?

Durch die neuen Cluster bekamen auch kleinere Organisationen die Chance, sich mit ihren Kompetenzen einzubringen. Denn das ist ja das gemeinsame Ziel: dass die betroffenen Menschen bestmöglich die passende Hilfe erhalten.

Sicher wurden auch danach Fehler gemacht. Doch auch aus diesen Fehlern wurde gelernt."
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